Jedes Jahr werden 100 Milliarden Kleidungsstücke hergestellt. Umweltauswirkungen entstehen über den gesamten Lebensweg eines Textils: von der Rohstoffgewinnung und der Herstellung von Fasern über die Textilproduktion, den Gebrauch bis hin zur Entsorgung. In kaum einer anderen Branche wird so viel Wasser benötigt wie in der Bekleidungsindustrie.
So werden um ein Kilo Stoff zu produzieren bis zu 100 Liter verbraucht. Das meiste Wasser, das die Menschen verbrauchen, bekommen sie jedoch gar nicht zu Gesicht. Die Wassermengen, die in einem Produkt oder einer Dienstleistungenthalten sind und zur Herstellung verwendet werden, nennt man deshalb „virtuelles Wasser“.
Besonders viel von diesem „unsichtbaren“ Wasser wird bei der Produktion von Kleidung verbraucht. Zur Minimierung der Umweltauswirkungen hat sich in der Modebranche „Fair Fashion“ als eine Gegenbewegung zu der sogenannten „Fast Fashion“ entwickelt.
Hierbei geht es nicht nur um Materialien, sondern um eine ganze Reihe von Aspekten, die mit Nachhaltigkeit in Zusammenhang stehen, wie z.B. der Verzicht auf Kinderarbeit, existenzsichernder Lohn, keine exzessiven Arbeitszeiten oder Tierschutz.
Denn schöne Mode sollte nicht unter hässlichen Bedingungen entstehen. Eine der Vorreiterinnen in Sachen nachhaltiger Mode ist die Wiener Aktivistin Madeleine Alizadeh (29) alias DariaDaria. Sie hat konventionelle Mode gegen grüne, faire Fashion eingetauscht und ist die bekannteste Fair-Fashion-Influencerin.
Sie zeigt, welche tollen Looks man mit nachhaltigen Labels tragen kann und ist das beste Beispiel dafür, dass nachhaltige Mode und Modebewusstsein sich nicht ausschließen. Im Interview erklärt sie uns, warum und wie wir alle etwas zu einem Wandel in der Modeindustrie beitragen können.
Was macht Ihnen mit Blick auf die Zukunft unseres Planeten besonders große Sorgen?
Mir bereitet der IPCC-Report (Intergovernmental Panel on Climate Change, Weltklimarat), der im Herbst 2018 erschienen ist, sehr große Sorgen. Dieser besagt, dass wir nur noch 12 Jahre Zeit haben, um der Erderwärmung entgegenzuwirken.
Warum müssen wir mehr Bewusstsein für Nachhaltigkeit in der Mode schaffen?
Die Textilindustrie ist die zweitschmutzigste Industrie, nach Öl. Das Volumen an Textilien, das jährlich auf den Markt kommt und in Umlauf gebracht wird, ist nicht mehr tragbar. Neben den ökologischen Faktoren spielen die Ausbeutung von Mensch und Tier eine große Rolle.
Das Kaufen von fairer Mode ist für mich auf jeden Fall auch eine feministische Angelegenheit. Wenn man für sich selbst Rechte beansprucht, die anderen Frauen nicht zuteil werden, muss man sich doch die Frage stellen, was für einen Feminismus man lebt, in dem man Kleidung von Frauen kauft, die keine Stimme und keinerlei Rechte wie beispielsweise Mutterschutz, soziale Absicherung, faire Löhne oder humane Arbeitszeiten haben.
Wie könnte man in der Gesellschaft dieses Bewusstsein für nachhaltige Mode schaffen?
Das ist eine sehr große Frage, um sie so kurz zu beantworten. Ein möglicher Ansatz ist, die Menschen darauf aufmerksam zu machen, dass die Modeindustrie Auswirkungen auf die Umwelt hat und sich langfristig etwas ändern muss.
Das große Problem ist, dass wir gar nicht mehr wissen, was z.B. 1 Meter Stoff kostet, wir sehen einfach kein Verhältnis mehr. Indem junge Menschen schon in der Schule aufgeklärt und Produktionszyklen erläutert werden, sowie der Wert eines gefertigten Produkts verdeutlicht wird, können wir ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit schaffen.