Im zweiten Teil des Gespräches mit Christopher Lesko spricht Max Giermann über Erfahrungen der Parallelwelt Schauspielschule und den tragischen Tod seines Freundes Georgo Peugot. Er erzählt von Angst und Lampenfieber, vom Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Loslassen, und er beschreibt Glücksmomente und Anstrengungen seines Berufes. Fernsehen selbst schaut Führerscheinbesitzer Giermann eher "aus beruflicher Neugier": "Ich brauche nicht mehr so lange, bis ich vor dem Fernseher einschlafe."
Clown zu sein hat ja sehr etwas spontan Operatives. Schauspielschulen sind ein ganz anderes Feld.
Absolut.
Erzählen Sie, wie es Ihnen dort ergangen ist.
Über den Stempel habe ich ja schon gesprochen. Als ich anfing, dachte ich, ich würde die Schauspielschule für mein Clown-Sein nutzen. Oder ich würde Regisseur werden, das hat mich damals sehr interessiert. Dann allerdings hat es mich schnell gepackt. Rückblickend war das eine ganz seltsame Zeit. Wie ein sehr intensives Insel-Dasein. Es war genauso, wie man sich eine Schauspielschule vorstellt: Man hat sich drei, vier Jahre eingeschlossen und sich praktisch selbst erforscht. Nie wieder habe ich so intensiv gearbeitet: An mir und an Rollen.
Für Außenstehende ist das schwer nachvollziehbar: Man ist ja sein eigenes Instrument und beschäftigt sich sehr mit sich. Jeder musste dort durch tiefe Täler, auch bei mir war das so. Wir wurden dort mit unseren Schwächen konfrontiert. Ich habe das zwischenzeitlich sehr gehasst und eine Münze geworfen, ob ich bleiben soll.
Die ist dann fürs Weitermachen gefallen.
Ja, die ist fürs Weitermachen gefallen.
Mit welchen Ihrer Schwächen sind Sie denn konfrontiert worden?
Die Hochschule für Schauspiel Ernst Busch in Berlin ist dafür bekannt, relativ viel mit Disziplin und Druck zu arbeiten. Es gab beispielsweise ein Fähnchen-System: Rollen- oder Szenen-Studien von jeweils etwa sechs Wochen endeten mit einem Vorspiel vor den Dozenten. Bestand man dies nicht, bekam man ein Fähnchen. Bei drei Fähnchen wurde man exmatrikuliert. Dieses System, war natürlich nicht unbedingt förderlich, um junge Leute dazu zu bewegen, ihre Ängste zu überwinden und aus sich heraus zu gehen. Das verlieh gerade Menschen, die schon zwei Fähnchen hatten, zusätzlich zum Druck, den man ohnehin schon hatte, weiteren Druck. Sie verklemmten noch schneller, machten zu und konnten gar nicht mehr frei spielen.
Es gibt ein schönes Zitat meines Intendanten aus Essen, der als Regieanweisung aus Spaß immer aus vollem Hals brüllte: "Locker!!! Locker!!" Das beschreibt es. Also, die Schule hat schon mit seltsamen Methoden gearbeitet, der Druck war für alle groß. Ich hatte aber zum Glück nie ein Fähnchen.
Sie haben ja nach meinen Schwächen und damaligen Tälern gefragt. Anfangs musste ich hart lernen, das Clowneske vom normalen Spiel zu trennen. Und häufig habe ich gedacht, ich könne das alles nicht, oder ich sei nicht durchlässig, ein typisches Schauspielschulen-Wort. Ich bin ohnehin anfällig für Kritik, und da bekam man auch genug. Und: Es war einfach auch wahnsinnig viel Arbeit.
Da wurde von früh bis spät malocht, und man wurde ganz schön rangenommen. Das hat jeden auch psychisch ein wenig in die Mangel genommen. Man sagt ja, Schauspielschule sei in etwa das, was im Theater die Endprobenphase ist, in der es richtig zur Sache geht. Das war in der Schauspielschule die gesamte Zeit so: jahrelange Endprobenphase.
Ein drastisches Gegenmodell zum Komfort der Freiburger Kindheit und der freiheitlichen Haltung von Georgo Peugot.
Das war ein absolutes Gegenmodell. Auch das hat mir aber andererseits gefallen. Ich vermisste schon die Clownerie und war immer froh, in den Sommerferien wieder frei von der Leber weg Clown sein zu können. Aber, so hart es war: Die Disziplin, das genaue Arbeiten, das Nicht-Nachgeben, auch dieses Offen-Und-Ehrlich-Sein hat mir gefallen. Das ist das Schöne an dem, was ich jetzt machen darf: Beide Aspekte fließen ein. Einerseits der komische Wahnsinn und auf der anderen Seite die Disziplin. Man muss beim Parodieren schon auch seinem Affen immer wieder Zucker geben, und auf der anderen Seite braucht es Vorbereitung, Handwerk. Es ist sehr schön, dass sich beide Extreme verbinden. Schauspielschule war rückblickend eine andere Welt. Diese Welt hatte nicht viel Bezug zur Realität, nicht einmal wirklich viel Bezug zum Theater-Leben.
Wo haben Sie denn danach fähnchenlos auf der Welt herumgelümmelt?
Ach, danach dachte ich: Jetzt aber schon Deutsches Theater Berlin oder Berliner Ensemble. Was heraussprang, war ein Vorsprechen bei den Münchner Kammerspielen. Das war auch erstmal in Ordnung, hat aber nicht geklappt. Dann kam die Ernüchterung: Was übrig blieb, war das Schauspiel Essen. Da dachte ich damals als arroganter Schnösel-Student, das sei nun irgendwie nicht so dolle.
Sie waren arrogant?
Nee, aber ein wenig realitätsfremd. Ich war ein erfolgreicher Student und habe geglaubt, das ginge einfach am Theater so weiter. Und das war nicht so.
Ach gar.
Dann war es halt das Theater Essen. Bodenständiges, normales Stadttheater, wo fürs Abo-Publikum solide inszeniert wurde. Das war neu für mich, hat mich zunächst ein wenig abgestoßen. Ich wollte große Kunst machen. Ich saß da in Essen, konnte mich mit der Stadt überhaupt nicht anfreunden und habe relativ schnell entschieden, die Zelte nach einem Jahr wieder anzubrechen. Ich ging zurück nach Freiburg und zur Clownerie, durfte aber in Essen noch gastieren. Ich habe fünf Jahre lang noch zwei, drei Stücke im Jahr gemacht. Ich konnte mir die Rollen auch aussuchen, eigentlich eine tolle Zeit mit Clownerie und Theater. Später kamen parallel auch die ersten Fernsehangebote.
In Freiburg wollte ich mit Georgo Peugot zusammen ein Clowns-Duo gründen. Wenn man ehrlich ist, ein extrem unrealistisches Unterfangen, aber wir wollten das unbedingt versuchen. Das übrigens war das erste Mal, dass meine Eltern Widerspruch hatten: Ein festes Engagement am Theater zu kündigen um Clown zu sein, fanden sie nicht so berauschend. Und dann ist in diesem Sommer, fünf Wochen nach meiner Rückkehr, Georgo bei einem Autounfall gestorben. Ich musste alles neu sortieren und entschied mich dafür, erst recht dabei zu bleiben. Ich hätte auch ans Theater zurück gehen können, habe aber dann seine Sachen weitergeführt.
Wie ist er denn gestorben?
Er ist mit seinem Auto in der Schweiz an einem unbeschrankten Bahnübergang von einem Zug erfasst worden. Ein Schock. Ich bin mit seiner damaligen Lebensgefährtin heute noch eng befreundet. Auch mit seinem damaligen Partner Jack Millet, mit dem ich nach Georgos Tod lange zusammen gespielt habe. Sein Tod war für mich noch einmal eine nächste Stufe des Erwachsen-Werdens. In einem Leben, in dem alles immer eher logisch aufeinander aufgebaut war und weiter lief: Plötzlich war irgendwie Schluss, aber es war in diesem Moment egal. Man denkt nicht an die eigene Karriere in Situationen wie diesen damals.
So hat Ihr Mentor Georgo Peugot Ihren Start ins Fernsehen nicht mehr erlebt?
Nein, er hat das nicht erlebt. Ich glaube, er wäre sehr, sehr stolz gewesen. Nein: Ich weiß es. Noch heute vor großen Auftritten denke ich an ihn und versuche, von seinem Spirit etwas mitzunehmen.
Glauben Sie an Gott?
Nein, leider nicht. Ich beneide immer Leute, die das tun. Ab und an habe ich das Gefühl, so etwas wie der Geist von Georgo sei im Raum, dann fühle ich mich ihm nahe. Das wird seltener, der Unfall ist ja zehn Jahre her. Nach seinem Tod habe ich anfangs viel von ihm geträumt, habe mich in Situationen häufig gefragt, was er wohl getan oder mir geraten hätte. Das wird weniger.
Sich derartige Fragen im inneren Dialog zu stellen, ist Beleg für Bindung und Beziehung. Diejenigen, die Schalter ausknipsen, kann man eh vergessen. Übrigens: Stolz – sind Ihre Eltern eigentlich stolz auf Sie?
Ja. Es gab diese erwähnte Phase, in der es schwierig war: Meine Eltern waren im weiteren Sinn zwar Künstler, aber sie sind eben auch Beamte gewesen. Da überwog die Sicherheits-Komponente. Meinem Vater geht es heute noch so: Er hat immer Angst, wie es für mich jetzt weiter geht. Selbstständige gewöhnen sich ja an eine gewisse Ungewissheit. Und es tut mir durchaus auch gut, nicht zu wissen, was ich in zwei Jahren mache. Doch, meine Eltern sind stolz. Mein Vater hat dies in einer wunderbaren Hochzeitsrede auch gesagt, und das freut mich sehr.
Ihr Leben unterscheidet sich ja in einigen Aspekten von dem eines Beamten. Sie sind, so hoffe ich, mehr in Bewegung. Was bedeutet dies für Anzahl und Qualität von Bindungen? Haben Sie viele wirkliche Freunde?
Also, ich habe wenig gute Freunde. Ich glaube, das hat weniger mit dem Beruf zu tun als mit meinem Wesen.
Die Berufswahl selbst hat auch mit dem Wesen zu tun. Was ist denn schnell nochmal mit Ihrem Wesen?
Ich tue mich schwer damit, Bindungen zu pflegen. Eigentlich mag ich es auch nicht so, wenn man in Erinnerungen schwelgt.
Für dieses Gespräch kommt die Information ein wenig spät.
Nein, hier ist das ganz angenehm Aber sonst so im Alltag… ich habe zum Beispiel nur noch einen Freund aus der Schulzeit. Und es liegt bestimmt auch an mir. Ich glaube, ich bin nicht so treu. Und ich tue mich schwer, künstlich Brief- oder Mailverkehr aufrecht zu erhalten. Also, ich habe wenig gute Freunde und die wenigen, die ich habe, sind auch wirklich gute Freunde, auf die ich zählen kann. Eine Handvolll, wenn es hochkommt. Dann gibt es viele gute Bekanntschaften: Auch Menschen, mit denen ich arbeite und denen ich in Projekten sehr nahe komme, und die ich wirklich kennen lerne. Und dann: Ich bin auch gerne allein. Viele Bekannte und auch gute Freunde von mir sind sehr unternehmungslustig und müssen immer etwas erleben. Mir geht das anders. Ich sitze lieber auch mal auf der Couch.
Wie gut treffen Sie denn Sie denn die Balance zwischen der Beanspruchung beruflicher Ressourcen und dem Auffüllen Ihres Akkus?
Ich habe glücklicherweise nicht den Wahn, unbedingt in allen wichtigen Formaten auftauchen zu müssen, und ich habe auch kein Problem damit, etwas abzusagen. Wenn ich etwas mache, mache ich es richtig. Und das bedeutet schon manchmal, dass ich Probleme habe, es zu dosieren. Wenn es richtig viel Arbeit ist, kann ich nicht sagen, ich lasse es einfach mal bleiben und gehe morgen unvorbereitet ans Set. Aktuell hatten wir bei “Switch“ mit 18 Folgen eine sehr lange Staffel und ein halbes Jahr ohne Wochenende. Da hatte ich natürlich das Gefühl, ich könne die Balance nicht halten. Da fragst Du Dich schon, wie Du das machen würdest, wenn Du Familie hättest. Das ist ein wenig ein Gewissenskonflikt: Wie weit willst Du Dich aufopfern? Ich will es dann halt auch nicht halb machen.
Das eine ist ja zu entscheiden, das andere, überhaupt zu merken, wenn es droht zu viel zu werden.
Ach, das merke ich vielleicht sogar ein wenig zu gut, ich bin da eher hypochondrisch veranlagt. Ich hatte mal ein richtiges Tief, fühlte mich ausgebrannt. Es fiel mir schwer, morgens aufzustehen, die Kraft war weg. Ich bin dann zu einem Fachmann gegangen, habe ihm allerdings am Ende der ersten Sitzung schon gesagt, ich bekäme das schon alleine hin. So war es dann auch. Nein, ich habe ein gutes und präzises, inneres Frühwarnsystem. Damals war es, so glaube ich, nur der Punkt zu erkennen: Achtung, komm mal runter.
Sagen Sie mir doch schnell mal aus dem Bauch die aktuell ödeste TV-Sendung, die Ihnen einfällt.
Ich wundere mich, dass “Wetten, dass…?“ so ein Erfolg ist. Ich finde es sterbenslangweilig. Ich fand es übrigens schon als Kind nicht besonders spannend. Alle sind damit groß geworden - ich nicht. Ich war noch nie ein großer “Wetten, dass…?“-Fan.
Tom Hanks hatte schon nicht ganz unrecht.
Nein, er hatte total Recht. Ich verstehe auch nicht, warum sich alle so über seine Äußerung echauffiert haben. Mittlerweise ist Fernsehen insgesamt für mich auch schwierig. Ich schaue viele Sachen lieber gezielt auf dem Rechner. Wenn ich Sachen parodiere oder nach möglichen Themen für Parodien suche, muss ich mir die Dinge ohnehin mehrfach anschauen. Und meine Fernseh- Schmerzgrenze sinkt natürlich: Ich brauche nicht mehr so lange, bis ich vor dem Fernseher einschlafe. Meine Frau bleibt übrigens genau bei den Sachen hängen, die wir immer verarschen. Ich sitze dann nebendran und schaue eher aus beruflicher Neugier mit. Aber vieles halte ich mittlerweile immer schlechter aus.
In jenem Teil von Medienkultur, der von Schleim, Anpassung und Oberflächen bestimmt ist: Wie navigieren Sie denn so, dass Sie selbst noch heil bleiben?
Ach, das ist schwierig. Ich habe kein Rezept dafür, dieser ganze Zirkus ist schon schwierig. Gerade wegen der Extreme: Einerseits ist beim Spielen Ernst und Authentizität gefordert, auf der anderen Seite gibt es jede Menge Politik. Ich bin ja nun auch in einer Situation, in der es darauf ankommt Formate zu verkaufen, in der ich viel mit Geschäftsführern oder Senderchefs am Tisch sitze. Das zu dürfen, ist ein Privileg. Aber, man macht da sehr viel mehr mit: Man ist nicht mehr einfach nur Akteur und Darsteller. Das ist schon echt nicht so einfach, da durch zu schiffen. Ich bin immer froh, wenn die Kamera läuft.
Ich habe in diesem Jahr viel Spaß beim Drehen gehabt. Um auf Georgo Peugot zurück zu kommen: Man muss sich immer wieder neu klar machen, warum man das alles tut. Und wenn es nur ein paar Tage im Jahr gibt, von denen man sagen kann, es habe richtig Spaß gemacht: Es ist so wichtig, diese Tage auch zu haben. Viele haben das wahrscheinlich kaum. Am Set mit dem Team zu arbeiten, ist ein tolles Gefühl: Man hat diese gesunde Aufregung, kann aus sich herausgehen, lacht auch viel. Das sind Glücksmomente, die man wahrnehmen muss und aus denen man nicht so schnell wieder heraus hetzen sollte.
Was ist denn für Sie das Schwierigste an Ihrem Beruf?
Dass man zu allem sofort ein Feedback bekommt. Dass jeder sich sofort zu allem, was Du tust, eine Meinung bildet. Manchmal möchte man irgendwie auch gerne im stillen Kämmerchen arbeiten. Am liebsten würde ich im Ausland arbeiten oder leben. Man arbeitet und fährt nachhause woanders hin. Diese Trennung ist heute sehr schwierig, gerade in Facebook-Zeiten. Jeder gibt zu allem seinen Senf dazu. Gerade, wenn man ein wenig zarter besaitet ist -ich bin ja nicht so gut im Einstecken- liegt man schon mal nachts wach und grübelt, weil jemand etwas Blödes geschrieben hat. Man weiß zwar, man sollte das nicht tun, aber es geschieht dennoch.
Wissen reicht nicht: Die Fähigkeit zu emotionaler Distanz ist halt keine rationale Frage. Der lausigste Weg ist, über Jahre einzustecken und irgendwann stumpfer zu werden. Ich befürchte aber, dies ist der Weg, den viele gehen.
Das glaube ich auch, das geht vielen Kollegen so.
Eine Handvoll Freunde haben Sie, und: Wenigstens einen anständigen Feind?
Ich glaube nicht. Keinen, von dem ich weiß. Es kann natürlich sein, dass etwa ein Daniel Kreibich oder ein Reinhold Beckmann mir insgeheim wegen der Parodie Böses wünschen. Ehrlich gesagt, ich fände es überhaupt nicht schlimm. Ich lege es nicht darauf an, aber wenn, ist es auch in Ordnung. Es wundert mich ohnehin, dass alle Parodierten die Parodien immer so toll finden, wir versuchen ja durchaus, schon auch mal böse zu sein.
Welche Ihrer Stärken ist Ihnen die relativ angenehmste, welche Ihre Schwächen die relativ unangenehmste?
In beiden Fällen ist es das, was mit dem Begriff Perfektionismus auch ein wenig blöde beschrieben ist. Nicht loslassen, Kontrolle ausüben wollen sind Stärken, weil ich dadurch immer gut vorbereitet bin. Aber es ist für mich auch unangenehm, weil es manchmal besser wäre, einfach loszulassen. Frei sein zu können, Kontrolle abzulegen, ist mitunter für den Beruf wichtig, und für einen selber erst recht.
Wann sind Sie denn das letzte Mal richtig ausgerastet?
Ich habe mich über mich gewundert, als ich letzten Sommer meinen Produktionsleiter angeschrien habe. Das kam einfach aus dem Bauch. Muss auch mal sein. Sonst ist das überhaupt nicht meine Art.
Kennen Sie Angst?
Ja. Klar, kennt doch jeder. Die Angst zu sterben treibt mich täglich um. Natürlich habe ich gelernt, dem nicht nachzugeben. Oder die Angst, jemanden zu verlieren. Auch Lampenfieber ist eine besondere Form von Angst. Sehr abgemildert, aber auf jeden Fall eine Form von Angst. Das habe ich in meinem Job oft: Was andere mit Prüfungsangst haben, habe ich an jedem Drehtag: Angst zu versagen, Angst, dass es nicht gut ist, was ich mache. Mir ist auch klar, dass es Unsinn ist. Aber das Herz bummert und man schwitzt. Es ist, wie ein bisschen zu schnell eine Skipiste herunter zu fahren. Einerseits hat man Angst und andererseits ist es auch toll. Ich bin kein Adrenalin-Junkie, aber Angst spielt schon eine große Rolle.
Wie möchten Sie denn alt werden? Nicht ob, sondern: wie?
Vielleicht in dem Haus, was ich hoffentlich bald mal finde. Wie in diesem Lied von Peter Fox „Haus am See“. Mit meiner Frau und Enkelkindern, Weihnachten und allem. Aber ich möchte auch so lange wie möglich arbeiten.
Vor die Gnade der Enkelkinder hat der Herrgott, an den Sie nicht glauben, erst einmal die Kinder gesetzt.
Genau. Das ist mir bewusst.
Sind Sie denn da ganz anständig unterwegs?
Noch nicht, aber es steht sozusagen auf der Agenda.
Das haben Sie gefühlvoll formuliert.
Danke. Jetzt wissen Sie ja alles, was auf meiner Agenda steht: Haus, Garten, Kinder- Führerschein Klasse 3 hab ich ja schon.
Max Giermann, ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch.