Nach einer sehr erfolgreichen Premiere im März und über einem Monat fast täglicher Spielzeit, steigen ab 11. Juni nochmals für acht Spieltage sechs reife Girls auf die Bühne der Dresdner Comödie und fackeln ein pointenreiches erotisches Feuerwerk ab. Das sind aber nicht die einzigen Highlights des Theaters in der Elbestadt.
Was geballte Frauen-Power bewirkt, hat Regisseur Dominik Paetzholdt in der Comödie Dresden in Szene gesetzt und sich dafür sechs prominente Hauptdarstellerinnen in den besten Jahren auf die Bühne geholt. Spartanisch anmutendes Bühnenbild, Darsteller (meist) im Outfit der 80er Jahre und sparsam eingesetzte Lichteffekte, das sind die äußeren Merkmale eine Komödie, die der junge Regisseur nach einer Vorlage von Tim Firth inszenierte, die auf einer wahren Begebenheit aus England beruht.
Theater in Dresden
Ein, wie man hierzulande sagen würde, vereinsmäßig organisiertes Kaffeekränzchen bricht aus seinem verstaubten, bigotten Alltag aus, um sich auf einem Kalender hüllenlos zu zeigen. Der Grund dafür ist einfach und berührend zugleich: Die sechs Damen im reifen Alter wollen mit dem Kalender ein Sofa für eine Krebs-Stiftung finanzieren, das an den an Leukämie verstorbenen Mann von Annie, einer der Kalender Girls in spe, erinnern soll.
Um es vorwegzunehmen: man kann sich auf einen vergnüglichen Theater-Abend freuen, dem man am Anfang die Lebendigkeit des Geschehens gar nicht zutrauen würde. Wären da nicht die sechs Hauptdarstellerinnen, die, alle jenseits der 60, längst beste schauspielerische Leistungen nachgewiesen haben und auch in diesem typisch britisch-humorigen Stück ihrem Ruf alle Ehre machen.
Es spielen Renate Blume als Annie, Viktoria Brams als Ruth, Ursula Karusseit als Jessie, Uta Schorn als Celia, Walfriede Schmitt als Ruth und schließlich Angelika Mann, die "Lütte", als Cora. Jede auf ihre Weise brilliert auf der Bühne mit einer unglaublichen Leidenschaft und Kraft, mit Sprachwitz und mimischer Gewalt im besten Sinne des Wortes. Statt künftig in bewährter Form über das Liebesleben der Schmetterlinge Vorträge zu diskutieren, sich in linkischen Yoga-Übungen zu versuchen oder einen wenig profitablen Kalender über die Schönheit britischer Brücken zu produzieren, bereiten sie sich ebenso skeptisch wie streitbar darauf vor, die Hüllen fallen lassen.
Schauspiel in Dresden
Dazu muss man wissen, dass jede von ihnen ihr Lebens-Päckchen zu tragen hat: Annie muss den Tod des Mannes verarbeiten, den Dietmar Burkhard unaufdringlich-einfühlsam verkörperte. Chris hat mit den Widrigkeiten eines kleinen Unternehmens zu kämpfen, das sie mit ihrem Mann führt.
Ruth kommt ihrem Göttergatten auf die Schliche des Fremdgehens. Jessie fühlt sich manchmal noch in ihrer Rolle als Lehrerin, Cora muss als Pfarrerstocher mit dem vermeintlichen Makel eines unehelichen Kindes leben. Und Celia schließlich kämpft mit Whisky gegen den trügerischen Schein einer begüterten Gattin des örtlichen Golf-Clubs. Das alles öffnet dem Spiel- und Sprachwitz natürlich Tür und Tor.
Über das gemeinsame karitative Ziel finden sie schließlich den Mut, sich Miss Januar, oder Miss Juli vor einem Fotografen (dezent, versteht sich) zu entblößen. Symptomatisch für alle meint Cora: "Wenn ich meinen Busen jetzt nicht raushole, wann dann...?" Und die glänzend aufgelegte und mimisch brillante Karusseit ergänzt: "...aber nicht ohne Höschen..." Der Erfolg schließlich stellt sich weit höher als erwartet ein und die Damen werden über Nacht berühmt.
Es gehört zur Moral der Geschichte, dass sie trotz drohenden Höhenflugs nicht abheben, sondern wieder zu alter Freundschaft finden. In einem Feld aus Sonnenblumen denken sie an den verstorbenen John, der ihnen das alles "eingerührt" hat. Fazit: Für alle, die von Herzen lachen, aber auch auf den Tiefgang im Leben nicht verzichten wollen, ist diese Komödie aufmunternde Pflicht.
Neben diesem ebenso tiefgründigen wie humorigen Spiel der sechs Grazien bietet die Dresdner Comödie auch eine Vielzahl anderer Stück, die die Lachmuskeln der Zuschauer strapazieren. Und sie sehen auf der Bühne Granden der schauspielerischen Unterhaltungskunst aus Ost und West, wenn man das heute überhaupt noch unterscheiden darf/sollte.
So agieren unter anderem Herbert Köfer und Sascha Gluth "Auf hoher See", strapaziert Max Schautzer die Lachmuskeln in dem Stück "Meine Braut, sein Vater und ich", bewegen sich mit Heinz Behrens und Heinz Rennhack "Zwei Genies am Rande des Wahnsinns" und tobt sich Bürger Lars Dietrich in der Karaokekomödie "Machos auf Eis" aus. Und an TV-Erfolge knüpfen Ingeborg Krabbe und Herbert Köfer in dem Schwank "Renter haben niemals Zeit" an. Wer sich über das vielseitige Repertoire schlau machen will, kann das im Internet unter www.comoedie-dresden.de.
Kunst Kultur und Kulinarik von Michael H. Max Ragwitz
KALENDER GIRLS
Komödie von Tim Firth.
Basierend auf dem Miramax Film "Calendar Girls"
Drehbuch: Juliette Towhide und Tim Firth
Deutsch von Wolf Christian Schröder.
Spielstätte Comödie Dresden
Freiberger Straße 39, 01067 Dresden