Gut drei Jahre ist es nun her, dass Covid-19 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Pandemie gemeldet wurde. Viele Afrikaner erwarteten aufgrund ihrer schwachen Gesundheitssysteme hohe Infektionskurven und Todesraten. Corona als Zeitbombe.
Die schlimmsten Befürchtungen haben sich jedoch zum Glück nicht bewahrheitet. Nichtsdestotrotz hat das Virus einen elementaren Einfluss auf das Leben in allen Regionen des Kontinents.
Seit über 25 Jahren arbeite ich in Afrika, habe dort viele Jahre gelebt, zahlreiche Länder habe ich seit Beginn der Pandemie besucht.
Den Januar habe ich jetzt in Uganda verbracht, und wieder hat sich meine Forderung bestätigt, die ich schon seit Jahren propagiere: Stoppt die Entwicklungshilfe! Warum? Am Beispiel von Norduganda erkläre ich das.
Zwischen 1987 und 2006 terrorisierte die Widerstandsarmee des Herrn, eine fanatische Kultbewegung, den Norden des Landes; über 1,5 Millionen Menschen wurden vertrieben, schätzungsweise 50.000 Jungen und Mädchen wurden als Kindersoldaten ausgebildet.
Ich selbst habe mehrere Bücher darüber geschrieben und war während dieser Zeit vor Ort. Wie auch unzählige Nichtregierungsorganisationen (NGOs), denn der Konflikt ließ sich meist gut „verkaufen“, Spendengelder flossen.
Bis Frieden einkehrte und die Hilfswerke nach und nach ihre Zelte abbrachen; die vorerst letzten gingen, als die Pandemie ausbrach und das Land in einen fast zweijährigen Lockdown fiel. Man überliess die Menschen ihrem Schicksal.
Denn allen Slogans wie „Hilfe zur Selbsthilfe“ zum Trotz, ist ein beachtlicher Teil der Bevölkerung Nordugandas in den zurückliegenden Jahren von NGOs abhängig geworden und kommt ohne Hilfe von außen nicht mehr klar.
Sämtliche Überlebensstrategien sind abhanden gekommen, womit eine „nachhaltige Zukunft“, um erneut einen Slogan aus der Welt der Hilfswerke zu verwenden, nicht mehr möglich ist, was ich nicht nur jüngst in Norduganda beobachtet habe, sondern überall auf dem afrikanischen Kontinent, wo sich Nichtentwicklungsorganisationen einmischen.
Kurz gesagt, vielen Menschen wird nicht nur die Kraft zum eigenständigen Leben genommen, sondern auch die Würde eines Lebens mit Haltung.
Dazu habe ich vor einigen Jahren, als ich selbst noch Teil dieser für mich Selbstbedienungsindustrie war, eine Studie gelesen, die von mehreren internationalen Hilfswerken in Auftrag gegeben worden war.
Fazit: In Regionen, in denen diese Hilfswerke über einen Zeitraum von zehn Jahren tätig waren, ging es den Menschen bedeutend schlechter als vorher, denn sie waren abhängig geworden. Selbstverständlich wurde diese Studie nie veröffentlicht und verschwand schnell wieder - unter Ausschluß der Öffentlichkeit.
Deshalb mein Appell: Stoppt die Entwicklungshilfe! Die Menschen Afrikas können sich selbst helfen; sie brauchen unsere sogenannte Expertise nicht, die meist eh so realitätsfremd ist, dass sie oftmals mehr Schaden anrichtet, denn Wohlstand bringt.
Der afrikanische Ansatz zur Bekämpfung von Covid-19 hat gezeigt, dass der Kontinent sehr wohl in der Lage ist, Katastrophen abzuwenden.
Meine erste Corona-Impfung habe ich übrigens in Kenia erhalten, als man in Deutschland noch darüber zankte, wer zuerst geimpft werden solle und ob es das Virus überhaupt gebe, bis man später Impfunwillige mit Tühringer Bratwürsten zum Piks locken musste.
Sönke C. Weiss
Es gibt nicht viel zu tun für Familien in Norduganda.