Von der Wiege bis zur Bahre. Als Journalist und Buchautor bin ich für meine spitze Zunge und meine brachiale Sprachgewalt berüchtigt. Heute gehe ich einen Schritt weiter. Weil es mich persönlich betrifft werde ich auch persönlich, was ich normalerweise in der politischen Auseinandersetzung vermeide. Ich habe seit über einem Jahr Krebs und befinde mich nun in der Palliativ - Phase.
Ein Jahr des Leidens, der Operationen, der Chemotherapien ist vorrüber. Heute liege ich in meinem abgedunkelten Schlafzimmer, das ich nur noch nachts mit Krücken verlassen kann, da neben zahlreichen anderen Nebenwirkungen auf die Medikamente, die mich zu zahlreichen Aufenthalten in Krankenhäusern gezwungen haben, sich nun auch noch eine äusserst schmerzhafte Licht - Allergie eingestellt hat.
Bald werde ich nicht mehr schreiben können und Geschichte sein. Es geht zu Ende. Ich habe für diesen Fall vorgesorgt und alles geregelt was zu regeln ist: Es wird dann keine Bücher mehr von mir geben, die bereits publizierten Bücher werden vom Markt genommen, meine homepage und meine FB - Seite werden gelöscht.
Es wird keine Beerdigung und damit auch keine Heuchelei an meinem Sarg oder an meinem Grab geben. Meine Asche wird im Meer verstreut. Schluss. Aus. Ende. ich werde diese Welt verlassen, wie ich vor 70 Jahren gekommen bin. Mit NICHTS.
Mein möglichst schmerzfreies Ende habe ich bei vollem Bewusstsein und klarem Verstand selbst geregelt. Meine Familie und meine Ärzte haben das akzeptiert. Ich bin mental fröhlich und voller rabenschwarzem Humor, der mich mein ganzes Leben auch in schwierigen Situationen stets begleitet hat.
Doch gestern habe ich es mir noch einmal richtig gegeben. Ich habe mich, bewaffnet mit meiner Sonnenbrille, vor das Fernsehgerät geschleppt und bin Zeuge eines abstossenden Schmierentheaters im deutschen Bundestag geworden. Es ging um Sterbehilfe. Viele Abgeordeten meinten doch allen Ernstes, die Aufmerksamkeit der Medien nutzen zu müssen, um ihren Seelenkäse zu diesem Thema absondern zu können.
Angeblich seien sie ja heute nur ihrem Gewissen verantwortlich und frei von Fraktionszwang. Ach so? Sonst sind sie also nicht ihrem Gewissen verantwortlich und haben sich nach den Anweisungen der Fraktionsvorsitzenden zu richten.
Mit tränenerstickter Stimme schilderten manche dieser von niemand gewählten Volksvertreter ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Tod. Sie rangen darum, welche Gesetze nun erlassen werden sollen, um den Tod zu regeln.
Es ist die intimste Sache eines Menschen, wie er sterben will und nur der Sterbende hat das Recht, über seinen Tod zu entscheiden. Das sehen die Palliativ - Mediziner dieser Welt genau so. Der Staat hat sich nicht in alle Lebensbereiche der Menschen einzumischen. Ich rufe euch "Volksvertretern" zu: Das geht euch einen Scheissdreck an, haltet einfach einmal die Fresse.
Rainer Kahni, besser bekannt als Monsieur Rainer, ist Journalist und Autor von Polit - und Justizthrillern. Er ist am Bodensee aufgewachsen, lebt jedoch seit vielen Jahren in Paris und bei Nizza. Seine Muttersprache ist deutsch, seine Umgangssprache ist französisch. Er ist Mitglied von Reporters sans frontières und berichtet für Print - Radio - und TV - Medien aus Krisengebieten.