Kürzlich habe ich an dieser Stelle über Stefan Austs Autobiografie „Zeitreise“, ein überaus gelungenes Buch, berichtet, was mich bewegt hat, seinen Bestseller „Der Baader Meinhof Komplex“ erneut zu lesen. Mein Urteil:
Das Standardwerk der RAF-Geschichte auf mitreissenden 992 Seiten, ihrer Ursprünge, ihrer Struktur und ihrer Figuren, ist unumstritten ein Teil deutscher Zeitgeschichte und sollte endlich zur Pflichtlektüre an allen Schulen gemacht werden.
Denn was die Geschichte nach wie vor so faszinierend macht, ist, dass in dieser Gruppe, der Roten Armee Fraktion (RAF) eben, die politischen und gesellschaftlichen Strömungen der Zeit zusammenliefen:
Die revolutionären Bewegungen der sogenannten Dritten Welt, der Protest gegen den Vietnamkrieg, gegen Imperialismus und Kolonialismus, die Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit, die Rolle des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern, die allgemeine Kritik am Kapitalismus, die Frage der Gewalt, die Auseinandersetzungen oder Kooperation mit dem real existierenden Sozialismus, die Rolle der Geheimdienste und des zum Teil von ihnen genutzten oder unterstützten Terrors im kalten Krieg zwischen den Machtblöcken.
Der Spuk der RAF begann am 14. Mai 1970 mit der Befreiung Andreas Baader aus der Haft und endete offiziell am 20. April 1998 mit einem RAF-Schreiber, in dem folgendes in Kleinbuchstaben stand:
„die stadtguerilla in form der raf ist nun geschichte. das ende dieses projektes zeigt, dass wir auf diesem weg nicht durchkommen können.“
Kein Bedauern. Keine Selbstkritik. Kein Schuldgefühl. Schlicht die lakonische Feststellung, dass der bewaffnete Kampf falsch gewesen sei, weil er keine Aussicht auf Erfolg hatte.
„Der Baader Meinhof Komplex“, 2020 bei Piper (www.piper.de) vollständig überarbeitet neu aufgelegt, ist keine Anklageschrift, kein Urteil, kein moralisierendes Werk, sondern ein Protokoll, eine Chronik unserer Republik, die durch die RAF nachhaltig geprägt wurde. Preis: 18 Euro.
Sönke C. Weiss
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