Bei der TV-Gala „Ein Herz für Kinder“ von BILD und ZDF lief Kerner zu Hochform auf, und auf dem roten Teppich liefen sich die "Stars" für den "Spenden-Marathon warm". Auch auf die Gefahr hin, dass sich Rainer Kahni bei einigen unbeliebt macht, wo er recht hat, hat er recht. Die Spenden - Industrie hat Hochkonjunktur.
Nichts ist kitschig genug, nichts ist wein - und rührselig genug, nichts ist verlogener genug, um alle Jahre wieder auf die Tränendrüse der Heile-Welt-Apologeten zu drücken. Hat denn der Moderator Johannes B. Kerner auch auf seine Gage für diesen rührseligen Betroffenheits - Kitsch verzichtet?
Haben die Fernsehanstalten den Gebührenzahlern die Zwangsabgabe erlassen für die Zeit dieser Spenden - Gala? Wohl eher nicht. Mich würde nur ein einziges Mal interessieren, welches Kind etwas von diesen Geldern hat. Macht einmal eine Sendung, wohin die Gelder geflossen sind.
Das ganze Jahr über werden Kinder misshandelt, missbraucht oder gar von ihren eigenen Eltern ermordet, doch kein Mensch, keine Justiz geht den Beamten der Jugendämter nach und klagt sie an. Kein Pfaffe hockt im Gefängnis, weil er ein Kind sexuell missbraucht hat. Im Mittelmeer ersaufen jeden Tag Kinder, die wir nicht an unserem Wohlstand teilhaben lassen wollen.
In Syrien, Irak, Libanon und in Afrika erfrieren und verhungern jeden Tag tausende von Kinder und was tun wir dagegen? Jagen wir unsere Politiker aus ihren Palästen und Behörden? NEIN! Aber uns an Weihnachten mit vollgefressenen Bäuchen ob unserer Gutherzigkeit selbst zu feiern, ja, das können wir. Da wendet sich der Gast mit grausen.
Mir wird speiübel, wenn ich jedes Jahr zu Weihnachten diesen Betroffenheits-Kitsch in den Spendengalas der Fernsehanstalten sehe. Was für eine grandiose Selbstdarstellung der Sternchen und Möchtegern-Promis.
Da werden hungernde Kinder gezeigt, rührselige Filmchen vom Elend auf dieser Welt dem gerührten und voll gefressenen Publikum vorgeführt, es wird auch ein bisschen gespendet und anschliessend geht es zum kalten Buffet. Unser Gewissen ist beruhigt. Nur ein einziges Mal möchte ich sehen, wohin denn all die im letzten Jahr gespendeten Gelder geflossen sind.
Das Elend auf dieser Welt wurde deswegen kein bisschen gelindert, jedes Jahr sterben immer mehr Menschen an Hunger, Seuchen, Krankheiten und in den verlogenen Kriegen der noch verlogeneren Politiker. Wenn wir wirklich etwas verändern wollen, dann müssen wir sofort die sinnlosen Kriege beenden, wir müssen der Agrarmafia Einhalt gebieten, die ihre vom Steuerzahler hochsubventionierten Lebensmittelüberschüsse in die dritte Welt exportieren.
Die dortigen Bauern können mit unseren Preisen nicht konkurrieren, verlassen ihr verödetes Land und ziehen in die Slums der Grossstädte, wo sie verhungern. Die Menschen flüchten vor Kriegen, die wir angezettelt oder zumindest geduldet und die wir mit Waffenlieferungen grosszügig unterstützt haben.
Die von uns verschuldete Umweltkatastrophe besorgt den Rest. Mit unserer fehlgeleiteten Entwicklungshilfe, die von den Despoten einkassiert und wieder bei unseren Banken angelegt wird, erreichen wir keinen der Bedürftigen. Nur mit Hilfe zur Selbsthilfe, wie es uns Karl-Heinz Böhm in Äthiopien vorgelebt hat, können wir die schlimmsten Auswüchse des Raubtierkapitalismus bekämpfen.
Ein globales Umdenken ist gefordert und nicht diese rührseligen Spendengalas. Wehrt Euch endlich gegen die Politiker, die ihren Lobbyisten hörig sind und sie mit sinnlosen Subventionen füttern. Wehrt Euch endlich gegen die Agrarmafia, die soviel Überschüsse produziert, dass fast 50 % der Lebensmittel auf dem Müll landen.
WEHRT EUCH gegen die Flüchtlingspolitik, die das Mittelmeer zum Friedhof Europas macht. Wenn wir nicht zu den hungernden Menschen gehen, dann kommen sie zu uns.
Rainer Kahni, besser bekannt als Monsieur Rainer, ist Journalist und Autor von Polit - und Justizthrillern. Er ist am Bodensee aufgewachsen, lebt jedoch seit vielen Jahren in Paris und bei Nizza. Seine Muttersprache ist deutsch, seine Umgangssprache ist französisch. Er ist Mitglied von Reporters sans frontières und berichtet für Print - Radio - und TV - Medien aus Krisengebieten.