Timing ist bekanntlich der Schlüssel zum Erfolg. Im Sport, in der Politik und selbstverständlich auch in der Literatur beziehungsweise, wann ich was auf den Büchermarkt bringe. „Das infizierte Denken - warum wir uns von alten Selbstverständlichkeiten verabschieden müssen“ des in Deutschland lebenden Norwegers Anders Indset passt genau ins heutige Zeitfenster.
Ohne alles mit Corona zu erklären und belegen, motiviert der Autor uns, das eigene Denken neu zu entdecken, sich also seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen, was ja bereits seit der Aufklärung der Fall sein sollte, was viele von uns indes wohl vergessen, wenn überhaupt gelernt haben.
Allerdings haben wir es uns gemütlich gemacht in den zurückliegenden Jahren, vielleicht sogar seit Ende des 2. Weltkriegs, zumindest seit Beginn der Ära Merkel. Der Wahnsinn der Welt findet im Fernsehen statt, solange wir genug Klopapier haben und zwei Mal im Jahr in den "wohlverdienten" Urlaub fahren können, ist alles tip top.
Doch nur wenn wir uns der Welt gegenüber aufgeschlossen zeigen, also nicht im bequemen Schoß deutscher Leitkultur schmoren, haben wie die Chance, so Indset, eine mit-menschliche Zukunft zu gestalten.
„Das infizierte Denken“, erschienen für 20 Euro im Econ Verlag der Ullstein-Gruppe (www.ullstein.de), umfasst 272 kurzweilige Seiten, die wohl verständlich sind, was ich von „Die Hoffnung nach der Krise“ von Matthias Horx kaum behaupten kann.
Die 160 Seiten sind eine wahre Kopfgeburt, die schlicht und ergreifend nach Lockdown und kreativer Starre aufgrund von Corona schreien. (Als ob das Virus nun für alles verantwortlich sei.)
Dabei war ich von „Die Zukunft nach Corona“ des gleichen Autoren noch sehr angetan. Aber noch ne Corona-Standpauke?
Hier verwurschtelt sich Horx in eben der Komplexität unserer Zeit, die er eben zu entwirren versuchte; dabei distanziert man sich beim Lesen von Seite zu Seite mehr von der Titelthese „Die Hoffnung nach der Krise“ und betet, dass sich der Autor neu erfinden mag, so wie er es sich von der Welt wünscht, die mitten in der Pandemie lebt und diese, wenn wir mal ehrlich sind, nicht noch als Buch für 15 Euro in den Händen halten will.
Schlechtes Timing erschienen ebenfalls bei Econ.
Sönke C. Weiss
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