„Die Lady im See“, 1943 im US-Original zum ersten Mal veröffentlicht, ist die Fortsetzung der Neuedition der Philip-Marlowe-Romane von Raymond Chandler (1888 - 1959), die im Diogenes Verlag (www.diogenes.ch) erschienen ist und von Robin Detje großartig neu übersetzt wurde.
Auf den ersten Blick wirkt „Die Lady im See“ wie ein klassischer Kriminalroman aus der Feder Chandlers. Sein Held, der Privatdetektiv Philip Marlowe, in Chandler-Verfilmungen unter anderem von Humphrey Bogart gespielt, sucht fernab von Los Angeles, seinem eigentlichen Kiez, die verschwundene Frau eines Klienten an einem Bergsee.
Was zunächst wie Urlaub anmutet, entpuppt sich schnell zu einer atemberaubenden Tour de Force in einer Welt, wo fast alle korrupt sind und nichts so ist wie es scheint. Erstklassig.
Auch die Dialoge, glasklar und pointiert, zeugen von Chandlers literarischem Können, wie sein Spiel mit Identitäten und seine Lust, stereotypische Bilder zu verzerren, um seinem Protagonisten immer wieder vor Augen zu führen, dass die Welt nicht einfach gestrickt, sondern kompliziert und bedrohlich ist.
Über all dem schwebt dann noch das Damoklesschwert des Zweiten Weltkriegs, der außerhalb des Marlowe-Universums tobt.
Anspielungen auf eine neue Weltordnung geben dem Roman ein politisches Niveau, was in Chandlers Romanen, die weitaus mehr als nur Krimis sind, oftmals unterschätzt wird. „Die Lady im See“, gut 325 Seiten, ist ganz famose Erzählkunst, zeitlos und mitreißend. 22 Euro.
Hier geht es zu unserem Feuilleton, Reden ist Silber....Schreiben ist Gold
GFDK ist ein unabhängiges Nachrichtenportal mit einer etwas anderen Sichtweise auf das Weltgeschehen.