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17.01.2013 Anspruch auf klare und konkrete Aussagen

Theatertot in Rostock - Detlef Meierjohann, Es ist ein Trauerspiel, fast schon eine Tragödie!

von: GFDK - Detlef Meierjohann

Seit Monaten verfolge ich die Berichterstattung Ihrer Zeitung zu den künftigen Theaterstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern und im Besonderen zu der sich scheinbar immer weiter verschärfenden Situation am Volkstheater Rostock. Es ist ein Trauerspiel, fast schon eine Tragödie!


Seit Jahren weisen die jeweils Verantwortlichen in der Theaterleitung - und es waren bekanntlich einige - immer wieder darauf hin, dass das Volkstheater unterfinanziert sei, was oft zu Fehlbeträgen führte, die nur nach großer öffentlicher Debatte und in letzter Minute ausgeglichen werden konnten. Schließlich wurde das Theater nach zähen und langwierigen Diskussionen in eine GmbH übergeleitet. Den Mitarbeitern soll inzwischen ein Haustarifvertrag mit weitreichendem Gehaltsverzicht angeboten werden. Offensichtlich besteht die Erwartung, dass damit dann alle Probleme gelöst seien und im Übrigen alles beim Alten bleiben könne. Nur weniger kosten soll es eben.


Darüber hinaus stellt die Stadt Rostock einen Zuschussbetrag zur Verfügung, der von vornherein als nicht auskömmlich bekannt war und ist. Der Oberbürgermeister, als Verwaltungsspitze, wiederholt in diesem Zusammenhang mantramäßig, dass das Theater aufgrund der schwierigen Haushaltslage Rostocks mit
diesem Geld auskommen müsse und entsprechende Einsparungen vorzunehmen habe.

Argumenten, dass die Personalkosten und um die geht es im Wesentlichen am Theater, nicht so einfach und ohne Auswirkungen auf das Angebot und mit künstlerischen Einbußen verbunden, zu reduzieren seien, stand und steht er scheinbar gleichgültig und ablehnend gegenüber. Dem außenstehenden Beobachter drängt sich der Eindruck auf, das ihm das Theater möglicherweise insgesamt zu teuer sei, und die stille Hoffnung besteht, durch die andauernde Zwangslage und Insolvenzdiskussion eine "Gesundschrumpfung" herbeiführen zu können.


Wie anders soll man sonst die derzeitige Weigerung des Oberbürgermeisters interpretieren, wenn er sich
gegen die Abgeordneten der Bürgerschaft stellt und die dort in Aussicht gestellte finanzielle Hilfestellung zur
Überwindung der gerade mal wieder akuten Finanznot zurückweist. Oder wenn er sich der angebotenen
Hilfe des Landes mit der Argumentation, er ließe sich nicht erpressen, verschließt. Was für ein Theater
wünscht sich der Oberbürgermeister denn, wenn er diese Optionen ausschlägt. Eine Oper, ein Schauspiel,
Konzertbetrieb und Tanztheater? Welches Angebot für wen und mit welchen Finanzvolumen?


Will er das Theater sichern und denkt er immer noch über einen Theaterneubau 2018 nach, muss er diese
Fragen beantworten und von seiner Blockadehaltung abrücken. Die Rostocker Bevölkerung, aber vor allem
die Beschäftigten am Theater, um deren Arbeitsplätze es bei all diesen Diskussionen schließlich geht, haben
einen Anspruch auf klare und konkrete Aussagen ihrer Stadtregierung und die Formulierung zuverlässiger
Perspektiven für die Zukunft.

Ohne gegenseitige Achtung und die ernsthafte Bereitschaft Lösungen zu
finden und gegebenenfalls auch notwendige Kompromisse einzugehen, ist diese schwierige Lage nicht zu
überwinden. Die quälenden Auseinandersetzungen schaden inzwischen dem Standort Rostock ebenso, wie
dem Theater, dem Orchester und der Kultur im Allgemeinen.


Detlef Meierjohann


Geschäftsführer Hamburgische Staatsoper und
Vorsitzender des Landesverbandes Nord
im Deutschen Bühnenverein

Detlef Meierjohann ist sowohl Theater- als auch Verwaltungs-Fachmann: nach einer allgemeinen kaufmännischen Ausbildung zum Notariats- und Rechtssachbearbeiter und einer Schauspielausbildung war er zu Beginn seiner Laufbahn in den Jahren 1974 bis 1983 zunächst an verschiedenen Theatern als Schauspieler, Regieassistent, Dramaturg, Disponent und Spielleiter tätig. Von 1983 bis 1987 war er Leiter des Künstlerischen Betriebsbüros am Landestheater Coburg, 1987 bis 1990 Chefdisponent und Vertreter des Generalintendanten am Staatstheater Braunschweig, 1990 bis 1993 Betriebs- und Operndirektor an der Oper Frankfurt, dort anschießend bis zum Ende der Spielzeit 1996/1997 stellvertretender geschäftsführender Intendant der Zentralen Theaterbetriebe der Städtischen Bühnen. Seit Beginn der Spielzeit 1997/98 ist Detlef Meierjohann Geschäftsführer der Hamburgischen Staatsoper.

E-Mail: baerbel.schlapmann@rostock.de.
www.volkstheater-rostock.de

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