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01.01.2013 Unsere Demokratien haben die Welt zerstört

Unsere Neujahrsansprache 2013 - Gerechtigkeit war noch nie ein Maßstab für unser Handeln

von: GFDK - Heinz Sauren

Die Herausforderungen unserer Zeit sind gewaltig. Die größten ergeben sich aus ökonomischen und ökologischen Fragestellungen, die unsere Lebensgestaltung der Vergangenheit mit sich gebracht hat. Der Weg den wir als Gesellschaft beschritten haben, hat zu Problemen geführt, die nahezu ausschließlich auf persönliches und gesellschaftliches Fehlverhalten in Bezug auf uns selbst und die Welt in der wir leben zurück zu führen sind.

Entrechtung und Ausbeutung

Wir erleben heute die Ergebnisse unserer Antworten, die wir auf die Probleme der Vergangenheit gefunden haben. Unsere Antworten lauteten, Umweltzerstörung, Kapitalismus, bewaffnete Konflikte und die Entrechtung jeglicher Lebensformen dieses Planeten als Besitz und Ressource. Die von uns gefundenen Lösungswege sehen nun auch in zunehmenden Maße, die Entrechtung und Ausbeutung der Ressource Mensch vor.

Es ist offensichtlich, dass die von uns erkannten Lösungswege unsere Situation nicht verbesserten, sondern den fatalen Irrtum eines Weges offenbaren, dessen Ende wir nun erreicht haben. Ob es uns gefällt oder nicht, diesen Weg können wir nicht weiter gehen, zumindest nicht wenn wir uns eine eigene Zukunft zugestehen wollen.

An den Rand des Abgrunds

Wir müssen einen anderen, einen neuen Weg finden und uns von den bisherigen gesellschaftlichen Zielen und Dogmen abwenden, die uns bis hier, an den Rand des Abgrunds geführt haben. Unser gesamtes Denken, unser Handeln, unsere gesellschaftlichen Ziele und wirtschaftlichen Forderungen, beruhen auf Wertvorstellungen und Durchführungsmechanismen des Zeitalters der Kolonialisierung und der Industrialisierung. Diese haben wir nie wirklich verändert sondern nur beliebig reformiert und dadurch ihren grundlegenden Geist erhalten.

Alle von uns angewandten Wirtschafts- und Gesellschaftsmodelle haben den Beweis erbracht, an der Realität gescheitert zu sein und verdeutlichen uns drastisch, dass wir mit ihrer Hilfe nur eines zu erwarten haben. Den nächsten Schritt in den Abgrund. Es ist völlig unrealistisch anzunehmen, dass gerade die Werte- und Gedankenmodelle die uns erst in diese dramatische Lage brachten, nun dazu geeignet sein sollen, uns wieder aus ihr heraus zu führen.

Die Macht in den Händen derer die das Kapital halten

Vieles müsste verändert werden, um uns eine Zukunft zu sichern, als Mensch, als Gesellschaft und als Spezies generell. Solche absolut notwendigen Veränderungen, sind jedoch nicht zu erwarten. Eines der Ergebnisse, die wir zur Lösung unserer Probleme schufen, sind die Machtstrukturen der Gesellschaft, nach denen sich weltweit die Macht in den Händen derer bündelt, die das Kapital halten.

Offensichtlich ist jedoch, dass das Kapital nicht die Lösung, sondern der Grund der meisten Probleme der Menschheit ist. Die Verwaltungsform dieses Problems, als Teil des Problems selber, ist die Demokratie. Diese Demokratie ist eine Worthülse, die unter falschen Prämissen die Konsumfreiheiten der Marktwirtschaft als substanziell demokratisch verklärt.

Diese Demokratie ist ein qualitätsloser Quantitätsanspruch.

In einer tatsächlichen Demokratie wäre Quantität nur die nominelle Darstellung einer Mehrheit, zur Durchsetzung einer höheren Qualität, von der sie überzeugt wäre. Die uns vorliegende Demokratie beflügelt jedoch die Quantität, zu dem einzig gültigen Maßstab in ihr, indem sie die Qualität abschaffte. Qualität ergibt sich aus einem „besser als“ oder „schlechter als“ gegenüber einem Bezugssystem und somit aus einer deutlichen Differenzierung, als vollzogene Nicht-Gleichstellung des Bemessenen.

Eine alles umfassende Gleichmacherei

Die uns vorliegende Demokratie hat jedoch als Ziel die Konsumfreiheit als Durchsetzung einer expandierenden Marktwirtschaft. Um diese zu gewährleisten, muss eine Maximum an Freiheit zum Konsum geschaffen werden und als erste Vorraussetzung daraus ergibt sich, niemanden den Zugang zum Konsum zu verwehren oder zu erschweren. Das Ergebnis wird uns als demokratischste aller Errungenschaften dargestellt, nach der alle Menschen sind gleich sein. Hieraus leitet unsere Demokratie, eine alles umfassende Gleichmacherei ab, die sie uns als Grund aller Gerechtigkeit darstellt.

Gleich bedeutet aber zuerst, nicht different und die Unterdrückung der Differenzierung. Sie macht die Unterschiedlichkeit in der Qualität zu nichte. Was bleibt ist die Quantität, als einzig verbleibendes Reglementarium der Demokratie. Demokratie ohne die unterschiedlichen Qualitäten ihrer Teilnehmer, ist die Diktatur der Quantität. Die Folgen aus diesem Vorgang sind überall erkennbar und Grundlage der meisten, unserer Probleme.

Der Grund für unser Versagen als Gesellschaft

Dabei steht die so gerne propagierte Gleichheit aller Menschen, im absoluten Widerspruch zu dem was wir über die Evolution und den Menschen selber wissen. Keine Wissenschaft und niemand persönlich geht davon aus, dass auch nur zwei Menschen gleich sind, dennoch ist diese falsche Annahme die Grundlage unserer Demokratie und generiert daraus den Grundsatz, dass alle Menschen die gleichen Rechte und Pflichten haben. Diese vermeintliche Gerechtigkeit, ist die eigentliche Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft und der Grund für unser Versagen als Gesellschaft.

In einer Gesellschaft die von gleichen Rechten aller ausgeht und ihre gesamte Lebensgestaltung auf der Wahrnehmung dieser Rechte aufbaut, sind diejenigen die aufgrund ihrer persönlichen und tatsächlichen, biotischen und kognitiven Möglichkeiten, anderen unterlegen sind, unverhältnismäßig stark benachteiligt. Sie können ihren Platz in der Gesellschaft nicht selbst bestimmen und nicht aus eigener Kraft wahren.

Sie sind auf die Hilfe der Stärkeren angewiesen und können ihren Platz in der Gesellschaft nur mit derer Zustimmung einnehmen. Ihre Teilnahme an der Gesellschaft wird alimentiert. Im Gegenzug dazu sind die Stärkeren übermäßig bevorteilt da sie sich ja nur an dem Level der Schwächeren messen müssen. Es entsteht eine Gesellschaft wie sie uns vorliegt. Eine Elite führt die Gesellschaft und ein großer Anteil der Teilnehmer ist auf deren guten Willen und Fürsorge angewiesen.

Kein Recht aus uneingeschränkt großen Besitz

In einer tatsächlichen Demokratie, würde nicht die Gleichheit aller angenommen werden, die sich dadurch auch nicht an für sie persönlich zu hohen Ansprüchen messen müssen, oder an zu niedrigen messen dürften. Nicht ein gleich machender Wert, wie in dieser Demokratie das Geld, wäre bestimmend für den Platz in der Gesellschaft, sondern allein die persönliche Befähigung und der Wille wäre entscheidend. Daraus ergäbe sich aber auch, dass es kein Recht aus uneingeschränkt großen Besitz gäbe, sowie keine Pflicht den Mehrwert dafür zu erwirtschaften.

In einer Demokratie muss jeder nach seinen Befähigungen und seinem eigenen Willen einen Platz finden, der den gleichen gesellschaftlichen Rang hat wie jeder andere Platz auch. Um dies zu verwirklichen brauchen wir keine Gesellschaft ohne Geld, aber eine Gesellschaft die keinen anderen Wert, auch nicht den des Geldes als bestimmende Gleichmachung aller zulässt. Alle Rechte innerhalb der Gesellschaft für jeden Einzelnen ergeben sich aus dem Platz der in der Gesellschaft eingenommen wird.

Aufgabe einer Demokratie ist es nicht, die Menschen analog und für ihre Teilnahme an ihr zu belohnen, sondern alle Teilnehmer in der Wahl ihres Platzes gewähren zu lassen, auch wenn dies für die Demokratie selber ein Erschwernis bedeutet. Demokratie ist nicht der Selbstzweck einer gerechteren Verwaltung, sie ist die Gesellschaftsform die ein Maximum an Individualität zu gewährleisten hat.

Die Freiheit selber ist strittig

Demokratie ist kein Modell allumfassender Gerechtigkeit. Demokratie ist die Gesellschaftsform der größt möglichen Freiheit. In Massengesellschaften schließt sich die Gerechtigkeit für alle, gegen die Freiheit des Einzelnen aus.

Es steht zu befürchten, dass viele, die heute eine Demokratie wollen, eine wirkliche Demokratie ablehnen würden. Dieses scheint immer mehr Menschen bewusst zu werden und erklärt die halbherzigen Versuche unser Staatswesen zu verändern. Für die meisten Menschen wäre die Einführung einer Demokratie, eine Beschneidung ihrer verantwortungslosen Freiheit. Selbst die Freiheit selber ist strittig. Für wenige ist Freiheit eine eigenverantwortliche und selbst bestimmte Lebensgestaltung, für die meisten jedoch ist Freiheit der uneingeschränkte Konsum in größtmöglicher Sicherheit, für das sie gerne viele freiheitlichen Rechte opfern.

Es ist nicht zu erwarten, dass die Marktdemokratien ihr vernichtendes Treiben aus Einsicht um die fatalen Folgen für alles Leben auf diesem Planten einstellen. Der utilitaristische Trieb des Menschen scheint ungebrochen und die Folgen sind wohl erst dann ausreichend dramatisch, wenn der Konsum des Einzelnen nicht mehr aufrecht zu erhalten ist. So ist auch nicht anzunehmen das die Machtstrukturen aufgegeben werden.

Den Status Quo aufrecht erhalten

Im Gegenteil ist überall zu beobachten, dass alles unternommen wird um den Status Quo aufrecht zu erhalten. Es ist also zu erwarten, dass diese Gesellschaft den totalen Zusammenbruch ihrer selbst einleitet. Dieser Kollaps wäre wohl nicht notwendig, ist aber den Grundzügen der Menschlichkeit geschuldet, der Gier und dem Neid.

Im Grunde ist also nicht die Frage relevant, was wir in dieser anachronistischen Gesellschaft verändern können. In ihr gibt es nichts zu verändern, sie ist so oft verändert reformiert und umgestaltet worden, dass alle in ihr möglichen Spielarten ausgeschöpft sind. Dieses Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell ist ein Relikt vergangener Zeit. Antworten auf die Fragen unserer Zukunft werden durch eine neue Gesellschaft gegeben werden müssen. Eine Gesellschaft, die in dieser aufgrund unterschiedlichster Wertvorstellungen nicht möglich ist und sich erst aus bilden kann und wird, wenn diese Gesellschaft sich, an sich selbst, zu Grunde gerichtet hat.

Diese Demokratie erscheint vielen als gerecht. Ist die millionenfache tägliche Vernichtung von Leben zur Erhaltung eines immer währenden Wachstums gerecht? Ist die Zerstörung des Lebensraumes beinahe aller Lebensformen, die mit uns diese Welt teilen gerecht? Ist die Entrechtung der Menschen in Arbeit gerecht? Ist die Bemessung von allem in Geld gerecht?

Gerechtigkeit war noch nie ein Maßstab für unser Handeln

Wovor haben wir Angst, wenn eine tatsächliche Demokratie vielleicht nicht für jeden gerecht wäre? Gerechtigkeit war noch nie ein Maßstab für unser Handeln. Was immer wir in Zukunft entscheiden, es wird nicht gerecht sein. Vielleicht aber können wir entscheiden frei zu sein. Freiheit ist höher zu bemessen, als eine vermeintliche Gerechtigkeit, die in ihrer Durchführung noch mehr Ungerechtigkeit schafft.

Unsere Demokratien haben die Welt zerstört

Ich verbleibe in diesem Sinne

Heinz Sauren

Heinz Sauren studierte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster,
Rechtswissenschaften und Philosophie. Im weiteren bezeichnet er sich als Autodidakt.

Beruf: Schriftsteller
Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller (VS)

Berufung: Buchautor, Kolumnist, Essayist, Aphoristiker und Freigeist

Politische Ausrichtung
Politische Einstellungen sollten keinen Parteien-, sondern einen begründeten Sachbezug haben, daher reicht mein politisches Spektrum von rechtsliberal bis linkskonservativ und in Fällen empfundener Ungerechtigkeit, darf es auch mal etwas Anarchie sein.

Religiöse Einstellung
Die etwaige Existenz oder Nichtexistenz eines Schöpfergottes ist nicht, von persönlichen Präferenzen, gesellschaftlichen Definitionen oder einem Glauben daran, abhängig.

Seine Lieblingszitate

” Die meisten Menschen haben einen Erkenntnisradius gleich null, das nennen sie dann ihren Standpunkt.” Albert Einstein

“Es gibt kein richtiges Leben im falschen.” Theodor Adorno

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