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04.04.2014 Käfighaltung von Menschen

VERGESST GAZA NICHT! - Jürgen Todenhöfer erinnert an das Freiluft-Gefängnis der Welt

von: GFDK - Jürgen Todenhöfer

Jürgen Todenhöfer schreibt an die Freunde.

Liebe Freunde, nicht nur dem Hubschrauber Arafats hat man die Flügel weggeschossen. Auch den 1.7 Mio Palästinensern in Gaza, dem größten Freiluft-Gefängnis der Welt. Täglich wird die Blockade härter, gnadenloser. Nirgendwo auf unserem Planeten gibt es eine derartige Käfighaltung von Menschen.


Dieser Tage befasste sich der UN-Menschenrechtsrat mit der katastrophalen humanitären Lage in Gaza. Doch kaum jemand wird darüber berichten. Es sind ja nur Palästinenser, deren Würde mit Füßen getreten wird. Von allen Seiten. Wir leben in einer feigen Welt.

Die Schmuggeltunnel aus dem Sinai sind zugeschüttet, durch die ich noch 2011 heimlich von Ägypten nach Gaza gelangen konnte. 1.370 gab es. Auch der ägyptische Grenzübergang Rafah ist fast immer geschlossen. Israel blockiert alle anderen Luft- Land-und Wasserwege.

Die Weltöffentlichkeit aber schweigt

Auch mir hielt man eine Maschinenpistole unter die Nase, als ich über den israelischen Grenzübergang Erez nach Gaza wollte. Über Erez lässt Israel nur überteuerte Waren nach Gaza, die sich dort kaum jemand leisten kann. Gleichzeitig werden Exporte aus Gaza verhindert. Die Bevölkerung wird immer tiefer in Not, Elend und Verzweiflung getrieben.

Die Arbeitslosigkeit explodiert. Fast 80 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Von weniger als 2 Dollar am Tag. Das ist zu wenig zum Leben, zum Sterben zuviel. 90 Prozent des Wassers sind ungenießbar. Existieren, vegetieren können die Meisten nur mit humanitärer Hilfe der UN. Erniedrigung total für dieses stolze kleine Volk mit seiner mehrtausendjährigen Geschichte.

Ziel der unmenschlichen Einschnürung ist es, die Wirtschaft des Gazastreifens dauerhaft "am Rande des Zusammenbruchs" zu halten. Israelische Beamte haben das gegenüber der US-Botschaft mehrfach offen zugegeben. Die Weltöffentlichkeit aber schweigt zu diesem politischen Waterboarding. Die ägyptische Regierung leistet sogar stillschweigend Beihilfe, um die im Gazastreifen regierende Hamas zu schwächen. Es ist zum Weinen.

Es ist Frühling in Gaza. Auch dort die schönste Jahreszeit, die Zeit der Träume. Die Menschen von Gaza träumen von Freiheit. Von Flügeln, die sie über israelische Mauern und Stacheldrahtzäune, über zugeschüttete Tunnels hinwegtragen könnten. Doch die Hoffnung wird immer geringer. Niemand kümmert sich um die Träume der Palästinenser. VERGESST DIE EINGSCHLOSSENEN VON GAZA NICHT!

Euer Jürgen Todenhöfer

Daran möchen die Redaktion GFDK auch noch mal erinnern:


Jürgen Todenhöfer: Der nächste Lügenkrieg?

Fast alle US-Kriege der letzten Jahrzehnte begannen mit Lügen. Der Vietnam-Krieg mit der Lüge, in der Tomkin-Bucht sei ein US-Kriegsschiff angegriffen worden. Daraufhin ließ Präsident Lyndon B. Johnson Nordvietnam großflächig bombardieren. Der Golfkrieg zur Befreiung Kuwaits wurde unter anderem mit der Lüge begründet, irakische Soldaten hätten in Kuwait lebensunfähige Säuglinge aus ihren Brutkästen gerissen.

Den nächsten Krieg gegen Saddam Hussein begründeten Bush und Powell mit angeblich unwiderlegbaren Satelliten-Beweisen über die Massenvernichtungswaffen des Irak. Auch diese Beweise waren erlogen.

In Syrien sind offenbar Chemiewaffen eingesetzt worden. Ausgerechnet wenige Stunden, nachdem die UN-Inspektoren auf Einladung Präsident Bashar al-Assads in Damaskus eintrafen. Sie explodierten in einer Vorstadt von Damaskus, die nur wenige Autominuten vom Hotel der Inspektoren entfernt ist. Ist es wirklich wahrscheinlich, dass Assad den USA einen so billigen Vorwand liefern wollte, sein Land zu bombardieren? Wie viel Dummheit darf man seinen Feinden unterstellen?

Interesse an einer westlichen Militärintervention haben nur die Rebellen. Die gefährlichsten unter ihnen sind die Al-Nusra- alias Al-Qaida-Rebellen. Die Möglichkeit, dass sie die chemischen Waffen eingesetzt haben könnten, scheinen die USA nicht einmal in Erwägung zu ziehen. Obwohl sie Al Qaida sonst alles zutrauen.

Und obwohl es in den letzten zwei Jahren während und kurz vor wichtigen UNO-Beratungen zu Syrien immer wieder zu besonders widerlichen Massakern kam, die sich später als von den Rebellen inszeniertes Massaker-Marketing herausstellten. Könnten extremistische Rebellen die Chemiewaffen nicht auf demselben Wege erhalten haben wie ihre modernen Flugabwehrraketen, über die sie inzwischen verfügen? Die jetzige Beweislage ist zumindest zweifelhaft.

Rechtsstaaten haben die Pflicht, unzweifelhafte Beweise zu sammeln, bevor sie ihr Urteil fällen – und nicht umgekehrt. Ein Zivil- oder Strafrichter, der gegen diese Reihenfolge verstieße, würde wegen Rechtsbeugung ins Gefängnis geworfen.

Chemische Waffen sind scheußliche Waffen. Fast so scheußlich wie die Atomwaffen, die die USA zweimal gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt haben. Und etwa gleich abscheulich wie Uran verseuchte Munitionen, die die USA in ihren weltweiten Kriegen immer wieder einsetzten. Mit entsetzlichen Folgen. Chemiewaffen sollten weltweit überprüfbar zerstört werden. Auch in den USA, die seltsamerweise noch immer große C-Waffenvorräte besitzen.

Wir sind gegen Willkürkriege

Die deutsche Bundesregierung steht vor einer schwierigen Frage: Gilt Bündnistreue auch dann, wenn sich der wichtigste Bündnispartner zu einem Krieg aufmacht, der wieder einmal völkerrechtswidrig ist. Und der Al Qaida, die stärkste Rebellengruppe Syriens, zu Jubelstürmen veranlassen wird. Wo ist der führende deutsche Politiker, der den Mut hat zu sagen: „Wir sind gegen Willkürkriege. Egal, wer sie führt. Wir unterstützen sie auch nicht politisch.“ Die Aufgabe der Politik ist es nicht, Kriege zu ermöglichen, sondern Kriege zu verhindern.

Jürgen Todenhöfer zu der Fordernung von Joachim Gauck dass Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernimmt. Auch militärisch.
"Mir ist ein Präsident lieber, der sich auf dem Oktoberfest von Freunden einladen läßt, als einer der schon wieder deutsche Soldaten ins Feuer schicken will. Von seinem sicheren Büro aus. Fast bekomme ich Sehnsucht nach Wulff. Der wollte Menschen integrieren, nicht erschlagen".

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