Gerade in Krisenzeiten, wenn die Marktwirtschaft ihre hässliche Seite nicht mehr ganz hinter dem schönen Schein des Konsums verbergen kann, wird an der Wertschätzung des Schönen ungebrochen festgehalten. Die Sehnsucht nach Schönheit, das ist zum einen die Hoffnung auf bessere Zeiten und zum anderen ästhetischer Widerstand gegen eine unwirtliche Welt.
Ein unermüdlicher Motor in der Schönheitsproduktion ist die Mode. Um diesen am Laufen zu halten, muss er äußerst wandlungs- und anpassungsfähig sein. Denn was als schön wahrgenommen wird, bestimmt der sich ständige wandelnde Zeitgeschmack, der immer kurzlebigere Zyklen durchläuft. Doch trotz allem Changierens:
Das transportierte Körperideal scheint eine feste Konstante zu sein. In der medialen Abbildung der Modewelt bleibt der Blick auf den menschlichen Körper ein verzerrter.
Die Vergänglichkeit der Jugend und eine mögliche Wertschätzung von Natürlichkeit werden zugunsten der perfekten Silhouette ausgeblendet. Sie können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der schlanke, dynamische Körper und der nie endende Jugendwahn im System sind immanent .
Geschlechtsidentitäten und Geschlechterrollen werden besonders in der Mode durch die Selbstinszenierung affirmiert. In dem Fotozyklus BIG BANG rückt die Künstlerin Catrine Val das zeitgenössische Frauenbild in den Fokus.
Wie bereits in ihrem Werkzyklus TREAP thematisiert sie auch in ihrer neuen Arbeit die medialen Strategien in der Glamourwelt. Stellvertretend für das kurzweilige Intermezzo einer Haute Couture-Modenschau bezieht sich Catrine Val auf den Modeschöpfer Valentino.
Für ihre Gradwanderung entlang von Irritation, Persiflage und Verletzbarkeit bedient sie sich der Grundelemente des Modesystems Schminke, Perücken, Kleider und professioneller Fotografie. Den Unterschied macht lediglich die Projektionsfläche ihres Körpers aus.
In der fotografischen Inszenierung von BIG BANG werden Bilder über visuelle Codes und konventionalisierte Schönheitsprojektionen, die das heutige Bild von medialer Wirklichkeit durchdringen, subtil hinterfragt. Der elektrisierende Moment des Triumphes ist kurz.
Statement:
Catrine Val
„Meine künstlerische Position entwickelt sich aus einer bedingungslosen Neugierde am Diskurs im Umgang mit Kommunikationsmedien und den damit einhergehenden Hinterfragung einer medienkulturellen Identität, die sich ihrer sozialen, politischen, ästhetischen und ethischen Eingebundenheiten bewusst ist.“
Der Schwerpunkt meiner Arbeiten liegt in der Videokunst, wie in der konzeptuellen inszenierten Fotoarbeit. Thematisch stellen sie sensible, gesellschaftliche Beobachtungen an, die oft zum Environment inszeniert, das Verhältnis der Betrachter zum Videobild, untereinander gestalten.
Im Vordergrund trat in den letzten Arbeiten wie „Ich bin ein Anderes“ oder der hybriden Installation von „YouPrompt“ die produktive Gestaltung des Spannungsfeldes von virtuellen und realen Beiträgen im Experiment.
Im Kern bezogen sich die Installationen auf das ständig wachsende und auf YouTube abgelegte Videomaterial, in seiner ambivalenten und zuweilen belanglos erscheinenden Vieldeutigkeit. Aus den vorangegangenen Ansätzen und der bisherigen Arbeit entwickele ich gerade das Konzept SHEPARL.
Gegenstand der Hinterfragung wird auch hier die gesellschaftliche Funktion von Medien und deren kulturelle Bedeutung. Das Projekt SHEPARL überträgt die neuen partizipatorischen Kulturen, die sich im Internet entwickelt haben, auf politische Prozesse und untersucht, welche Rolle moderne Kommunikationsmedien im politischen Diskurs der Zukunft spielen können.
Kann man eine Verwirklichung der medienkulturellen Identität, die sich ihrer sozialen, politischen, ästhetischen und ethischen Eingebundenheiten bewusst ist, alleine nur durch das Nachahmen erzeugen?
Doch mein Hauptfokus liegt gerade bei der Fortsetzung der inszenierten Modefotographie unter dem Titel„ WAYS OF ESCAPE“ mit aus Modekampagnen bekannten Haltungen und Posen in der Vervielfältigung einer einzigen Person.
Wieland Höhne
BIG BANG
politics of the body
Fotozyklus, Catrine Val, 2010
Foto: Jan Friese
Hair & Make-up: Rebecca Keim
Fashion & Styling: Ekachai Eksaroj
Postproduktion: Jens Greber, Jan Bode
Werdegang
seid 2004
Künstlerisch-Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Klasse Bjørn Melhus, Kunsthochschule Kassel
2001 - 2004
Postgraduiertes Studium bei Valie Export, Marcel Odenbach und Horst Königstein Kunsthochschule für Medien, Köln,
1994 – 2001
Studium der Freien Kunst, Klasse Urs Lüthi, Kunsthochschule Kassel
1991-1993
Arbeit in der Webeagentur Dr. Puttner & BSB; Wien
1988 - 91
Höhere Berufsfachschule für Graphik & Design,
Ausstellungen
2010
HUMAN RIGHTS, Fondazione Opera dei Caduti
Rovereto, Italy
startUP, Sala Birolli, Verona, Italy
BIG BANG, Einzelausstellung, Politics of the body
Galerie König, Berlin
2009
26. Kasseler Dokumentarfilmfestival Monotoring, Kassel
Images Recalled,3. Foto-Festival, Kunsthalle Mannheim
Gemeinsam in die Zukunft Frankfurter Kunstverein
Ich bin ein Anderes Stiftung Starke, Einzelausstellung, Berlin
2008
Monkey Up Plug In, Einzelausstellung, Basel Schweiz
2007
WATERCOLOURS, Galerie König, Hanauport
2006
Fremd bin ich eingezogen Kunsthalle Fridericianum, Kassel
Coolhunter, Kunsthalle Budapest, Ungarn
Blosses Außen U-Bahngalerie, München
2005
Coolhunter, ZKM, Karlsruhe
Altitude KHM, Köln
Coolhunter, Kunsthaus Wien
2004
Transmitter, European Media Art Festival, Osnabrück
2002
Feminale, Köln
Unplugged, Ars Electronica, Linz, Österreich
2001
Monitoring, DokFest, Kassel
2000
Das erste Mal Marburger Kunstverein
1998
Rundgang 2
Museum Fridericianum, Kassel
Zur Künstlerin: Catrine Val, geboren 1970 in Köln, studierte Kunst bei Urs Lüthi, Valie Export, Marcel Odenbach und Horst Königstein und arbeitete an der Kunsthochschule Kassel. Ihre Video- und Fotoarbeiten waren Bestandteil diverser Ausstellungen und Festivals. (Quelle: Kehrer Verlag)
Mit "FEMINIST" war sie bereits in der Ausstellung "Gaze upon my graze" des "Art Museum at The Art Park" in Hsinchu/Taiwan und auf dem "International Portfolio Reviews/Photo Ireland Festival" vertreten. Im Juni 2012 wurde ihr Bildband "FEMINIST" für den Renaissance Photography Prize London nominiert.
Weitere Infos unter www.catrineval.de
Catrine Val
FEMINIST
Kehrer Verlag, erschienen Januar 2012
Festeinband, 120 Seiten
ISBN 978-3-86828-290-0
36 Euro
info@ catrineval.de