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20.01.2014 Köln und das verlorene Gedächtnis

Johanna Rzepka Wiens sucht das verlorene Gedächtnis von Köln - Erinnerung schafft Identität

von: Gottfried Böhmer - Jörg Schwarz

Die Freunde der Künste freuen sich über eine ganz besondere Ausstellung von Johanna Rzepka Wiens in Köln. Die Gesellschaft Freunde der Künste hat mit der Künstlerin Johanna Rzepka Wiens in einigen Jahren eine ganze Reihe von Ausstellungsprojekten durchgeführt.

In bester Erinnerung ist das Goethe-Festival 2004 "255 Jahre Goethe - Wie sehen Künstlerinnen Goethe" "Künstlerinnen sehen Goethe": 15 internationale Künstlerinnen aus den Bereichen Bildende Kunst, Theater und Performance interpretieren Goethe im Zeichen des 21. Jahrhunderts. Ein Projekt der Gesellschaft Freunde der Künste.

2005 folgte "God sees no color" eine Film -, Ausstellungs - und Liveperformance der Merz-Meisterschülerin Johanna Rzepka Wiens über die Zerstörung der Gesellschaft und der Kaiserswerther Kunstpreis, der von den Freunden der Künste und zwei Mäzenaten vergeben wird.

Der Verlust dokumentierter Geschichte in Köln

Seit über zwei Jahren setzt sich die Künstlerin Johanna Rezepka Wiens, Schülerin von Jörg Immendorff und Meisterschülerin von Gerhard Merz und erste Preisträgerin des Kaiserswerther Kunstpreises 2005, mit dem Titel "Home Sweet Home", intensiv mit dem Einsturz des historischen Archivs und dem damit verbundenen Verlust dokumentierter Geschichte auseinander und bearbeitet ihn künstlerisch.

Die dabei entstandenen 50 Bilder und 50 Skulpturen und Installationen zeigt die Galerie „Martina Kaiser – Cologne Contemporary Art“ unter dem Titel „Köln und das verlorene Gedächtnis“ vom 24. Januar bis 5. März 2014.

Johanna Rzepka Wiens versteht Kunst als Erinnerungsarbeit

„Erinnerung schafft Identität – ohne das Wissen um die Vergangenheit gibt es keine Zukunft“, betont die Künstlerin und ergänzt: “Es ist von existenzieller Bedeutung, Erkenntnisse, Erfahrungen, Kommunikationsprozesse und die in Wort und Bild festgehaltenen Gefühle und Gedanken, die uns Menschen hinterlassen haben, zu sichern und auszuwerten.“ Wiens versteht Kunst als Erinnerungsarbeit – als künstlerisch gestaltetes Gedächtnis.

Ihre Skulpturen, 10 x 10 cm große Kunstharzwürfel, beinhalten Abgüsse historischer Siegel, Kopien demolierter Archivfetzen, Zeichnungen der Künstlerin, Briefmarken, Blattgold, Fundstücke und sogar Bauschutt. Das Material schwebt surreal und kryptorealistisch in teils gerissenem Harz in ruhiger Stimmung und ist für immer konserviert. Es steht symbolisch für die unzähligen Fragmente des Archivguts, die noch darauf warten, in mühevoller Arbeit zusammengesetzt zu werden.

Ihre kleinen Papierarbeiten greifen einzelne „Gedächtnisthemen“ mit Bezug zu Köln auf. Konrad Adenauer, Jacques Offenbach oder der Kölner Karneval sind ebenso zu finden wie der Verweis auf Personenstandsurkunden und Bauunterlagen.

In ihren großformatigen Bildern thematisiert sie eindringlich den Einsturz und seine Folgen. So zeigt die Arbeit, zum Beispiel, eine zerstörte Halle und einen versandeten Bücherberg, unter und in dem das Leben, Pflanzen und Tierwelt, weitergeht.

Johanna Rzepka Wiens baut alte Fundstücke in ihre Kunstwerke ein

Ihre Vorgehensweise: Bei Wohnungsauflösungen, bei ihren Nachbarn, in Antiquariaten sowie im Internet hat Johanna R. Wiens vergilbte Bücher, alte Dokumente, historische Urkunden und Tagebücher gesucht, gefunden und eingesammelt. Diese Fundstücke baut sie nebst weiteren Materialien collagenartig in ihre Arbeiten ein. Nach scheinbarer Vollendung zerstört die Künstlerin ihre Bilder und baut sie dann wieder neu auf und ergänzt sie.

Stiftung Stadtgedächtnis

„Es ist spannend zu sehen, wie das Thema des mit dem Archiv verlorenen Gedächtnisses der Stadt Köln künstlerisch umgesetzt wird“, betont Dr. Stefan Lafaire, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Stadtgedächtnis, und ergänzt: „Wir wünschen uns, dass durch die Ausstellung die Sensibilisierung für das Geschichtsbewusstsein und auch für den notwendigen Erhalt dieser historischen Dokumente gestärkt wird. Ganz besonders freuen wir uns natürlich, dass die Künstlerin und die Galeristin auch zur Rettung der Archivalien beitragen wollen und 50 % vom Reinerlös aus dem Verkauf der Kunstwerke an die Stiftung geben.“

Ausstellung in Kooperation mit der Stiftung Stadtgedächtnis

Historische Bedeutung für die Moderne Kunst in Köln hat auch der Ausstellungsort: Die Galerie „Martina Kaiser – Cologne Contemporary Art“ liegt in einer denkmalgeschützten, ehemaligen Kartonagenfabrik, die 1983 im Auftrag der neuen Eigentümer Gerhard Richter, Rudolf Zwirner (Mitbegründer der Art Cologne ), Paul Maenz (bedeutender internationaler Galerist der 70er und 80er Jahre) in ein Atelier- und Galerienhaus umgebaut wurde. Hier stellten bereits Andy Warhol, Keith Haring, die Mühlheimer Freiheit, Anselm Kiefer u.a. aus.

50 % des Reinerlöses aus dem Verkauf der Werke kommen der Stiftung Stadtgedächtnis – und damit der Restaurierung der Archivalien – zugute.

China, Taiwan und Japan

Johanna R. Wiens, geb. 1976, studierte an der Kunstakademie Düsseldorf als Schülerin von Jörg
Immendorff und Meisterschülerin von Gerhard Merz. Sie lebte lange Zeit in China, Taiwan und Japan und beschäftigte sich mit den dortigen Geistes- und Kulturformen. Weitere Infos unter
www.johanna-r-wiens.de

Die Stiftung Stadtgedächtnis wurde nach dem tragischen Einsturz des Historischen Archivs der Stadt Köln am 3. März 2009, bei dem auch zwei Menschen ihr Leben verloren, von der Stadt Köln, dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Erzbistum Köln und der Evangelischen Kirche im Rheinland gegründet. Schirmherr der Stiftung, die auch vom Bund unterstützt wird, ist Bundespräsident Joachim Gauck.

Spendenkonto: 19 311 777 19 Sparkasse KölnBonn, BLZ 370 501 98

Die Ausstellung wird eröffnet von Susanne Laugwitz-Aulbach, Beigeordnete für Kunst und Kultur der Stadt Köln.

Zur Ausstellungseröffnung laden wir Sie herzlich ein.

Termin:  Vernissage am Freitag, 24. Januar 2014, 19.00 Uhr 

Ort:  Galerie „Martina Kaiser - Cologne Contemporary Art“
 Bismarckstraße 50, 50672 Köln

Zeitraum: Die Ausstellung dauert bis zum 5. März 2014,
 Öffnungszeiten: Mi – Fr 12.00 –19.00 Uhr, Sa 11.00 – 16.00 Uhr   

Das Kölner Stadt-Archiv war am 3. März 2009 eingestürzt. Zwei Anwohner starben, der Schaden wird auf eine Milliarde Euro geschätzt.

Jörg Schwarz

schwarz20@aol.com

Stiftung Stadtgedächtnis

Tel.: 0221 933 5020

Gottfried Böhmer

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