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17.05.2019 Motive der Berliner Großstadt

Werk der Woche: Renata Tumarova wendet sich in ihren Bildern spezifischen Stadtszenarien zu

von: GFDK-Werk der Woche

Bereits Ernst Ludwig Kirchner und dessen expressionistische Kreise entdeckten das Motiv der Berliner Großstadt als einen facettenreichen und faszinierenden Ausdruck menschlichen Lebens.

Anders jedoch als bei den lebendigen und kraftvollen Gesamtdarstellungen der Expressionisten wendet sich Renata Tumarova in ihren Bildern spezifischen Stadtszenarien zu.

Zunächst verborgen hinter einem Schleier aus großstädtischer Geschwindigkeit oder glänzenden Regenwänden treten in ihren nächtlichen Szenen immer wieder einzelne Menschen oder Personengruppen hervor.

Während diese für einen Moment aus ihrem Alltag herausgerissen werden und wie im Zeitlupentempo verharren, fliegen die Lichter und Reflexe der Stadt an ihnen vorbei und erwecken den Eindruck tiefer Melancholie und Einsamkeit.

Der Betrachter selbst findet sich dabei unweigerlich in den oftmals großformatigen Bildern der Künstlerin wieder, wenn er beispielsweise in "After midnight" einer jungen Frau mit rotem Mantel und gelbem Regenschirm gegenübersteht, ganz so, als wäre er Teil jener zeitlichen Verkürzung, welche die Grenzen zwischen Bild und Betrachter auflöst.

Im Gegensatz dazu begibt sich die Künstlerin in Gemälden, wie "I thought I could join them" oder "Moll Gree - The arriving of the gambas" an die Küsten Venedigs und Spaniens. Sie entfernt sich von den düsteren Motiven der Großstadt und wendet sich statt dessen dem bunten und temperamentvollen Leben jener südlichen Regionen zu.

Auf ihren Reisen zu den Orten ihrer Bilder fängt sie deren Charakteristiken ein. Atmosphärische Lichtwirkungen und natürliche Impressionen spielen dabei ebenso eine Rolle, wie das Leben der Menschen und deren offene Mentalität.

Fast schon virtuos vermag es die Künstlerin dabei mit den Ölfarben umzugehen und die Zustände verschiedener Stofflichkeiten, wie die schimmernde Transparenz des Regens, die spiegelnden Reflexe einer Wasserpfütze oder die Leuchtkraft von Scheinwerfern und Laternen, wiederzugeben.

Durch eine bewusst gewählte Ausschnitthaftigkeit, die an die Anfänge der amerikanischen street photography erinnert, lenkt Renata Tumarova den Blick immer wieder auf bestimmte Situationen.

Gleichzeitig implizieren jene Ausschnitte, dass der Betrachter stets nur den kleinen Teil eines großen Ganzen vor Augen geführt bekommt und, dass das Weiterdenken über die Grenzen des Bildträgers hinaus durchaus erwünscht ist.

Ein gedanktlicher Spielraum ist es schließlich auch, welcher die Konturen der Motive verschwimmen lässt und einzelne Personen, wie das junge Mädchen in "Wieder am See" in einen dunklen Schatten verwandelt, der lediglich das platonische Abbild einer verborgenen Realität darstellt.

Renata Tumarovas Bilder unterliegen dabei einem stets unvollendeten Charakter, welcher die nicht immer ganz eindeutigen Orte zu fragmentarischen Ausschnitten der menschlichen Existenz erweitert.

Die Redaktion GFDK vergibt 5 Sterne für die Künstlerin. (Kaufen)

Preise von 750 bis 7000 Euro.

 

galerie gerken                         

auguststraße 49

10119 berlin

tel.: + 49 30 978 940 66            

www.galerie-gerken.de          

 

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